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Personalgewinnung im Kontext von New Work

Personalgewinnung

Die Methoden der Personalgewinnung müssen weiterentwickelt werden, um den Anforderungen der modernen Arbeitswelt und New Work gerecht zu werden. In diesem Blogartikel erforschen wir, wie New Work dazu beiträgt, die Personalgewinnung zu verbessern und den passenden Kandidaten*innen den Weg ins Unternehmen zu ebnen. Wer mich kennt, weiß, dass ich eine große Verfechterin der Eignungsdiagnostik bin, die bekanntermaßen schon seit den 70-er Jahren existiert. Wie kann das mit New Work zusammen gehen? Mithilfe der folgenden Retrospektiven Fragen werde ich dem auf den Grund gehen:

  • Wovon darf es mehr sein?
  • Wovon darf es weniger sein?
  • Was darf bleiben?

Personalgewinnung und New Work im Verständnis nach Frithjof Bergmann

Zunächst aber nochmal eine kurze Einordnung des Begriffes New Work wie ich ihn verstehe. Ich beziehe mich auf Frithjof Bergmann, einen Philosoph und Sozialwissenschaftler, der das Konzept der New Work-Bewegung maßgeblich geprägt hat. Sein Verständnis von New Work geht über die bloße Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ort hinaus. Er betrachtet Arbeit als eine Quelle persönlicher Erfüllung und Selbstverwirklichung. Bergmann plädiert für die Entdeckung und Förderung individueller Talente und Neigungen, um eine sinnstiftende Arbeitswelt zu schaffen.

Im Kontext der Personalgewinnung bedeutet das, dass Unternehmen die traditionelle Sichtweise auf Arbeit und Qualifikationen überdenken müssen. Anstatt sich lediglich auf starre Anforderungsprofile zu beschränken, sollten Arbeitgeber die Potenziale und Leidenschaften der Kandidat*innen in den Mittelpunkt stellen. Frithjof Bergmann betont die Wichtigkeit der sogenannten “Neuen Arbeit” (New Work) als Möglichkeit, Menschen zu ermutigen, ihre wahre Berufung zu finden und dadurch ein erfülltes Arbeitsleben zu führen.

Insgesamt sollte die Personalgewinnung im Sinne von Frithjof Bergmanns Verständnis von New Work einen offenen, wertschätzenden und respektvollen Umgang mit den individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen der Bewerber*innen fördern, um eine lebendige und erfüllende Arbeitskultur zu schaffen. Wenn du dich mehr für den Ansatz von Frithjof Bergmann interessierst, höre dir gerne eines seiner letzten Interviews bei On the Way to New Work Podcast an. Es dauert fast epische drei Stunden, aber es lohnt sich.

Wovon darf es mehr sein?

In diesem Abschnitt gehe ich darauf ein wie sich die Personalgewinnung weiterentwickeln darf.

1. Fokus auf Kompetenzen statt starre Anforderungsprofile:

Statt sich ausschließlich auf starre Anforderungen zu versteifen, sollten Organisationen bei der Personalgewinnung verstärkt auf die Fähigkeiten und Kompetenzen der Bewerber*innen achten. Durch Kompetenzprofile können individuelle Stärken und Potenziale besser erkannt und genutzt werden.

Ein starres Anforderungsprofil in der Personalgewinnung legt fest, welche spezifischen Fähigkeiten und Qualifikationen ein*e Kandidat*in haben muss, um für eine Stelle in Betracht gezogen zu werden. Dies kann dazu führen, dass viele potenzielle Talente, die nicht exakt in dieses Profil passen, ausgeschlossen werden, obwohl sie andere relevante Kompetenzen und Erfahrungen mitbringen. Im Gegensatz dazu geht New Work über diese starren Vorgaben hinaus und betrachtet den Menschen als Ganzes. Es legt mehr Wert auf die individuellen Stärken und Talente eines Menschen und ermöglicht so eine vielfältigere und kreativere Zusammensetzung von Teams.

2. Mehrstufige Bewerbungsverfahren:

Ein einstufiges Bewerbungsverfahren in der Personalgewinnung greift oft zu kurz, um die wahre Persönlichkeit und Eignung eine*r Bewerber*in zu erfassen. Durch mehrstufige Auswahlprozesse wie Interviews, Probearbeitstage oder Assessment-Center können Arbeitgeber die Soft Skills und Teamfähigkeit der Kandidaten*innen genauer prüfen.

Der Vorteil in einem mehrstufigen Verfahren ist, dass Kompetenzen in verschiedenen Verfahren und von verschiedenen Personen geprüft werden. Wenn alle Verfahren zum gleichen Ergebnis kommen, kann von einer hohen Aussagekraft über die tatsächliche Passung ausgegangen werden. Dies stellt ein faires Verfahren sicher, da nicht nur eine Person nach Nasenfaktor entscheiden kann.

Wichtig ist dabei, dass vorher definiert wird, welche Kompetenzen geprüft werden sollen und woran sie erkannt werden könne. Interviewer*innen, Assessor*innen und Beobachter*innen müssen dann konsequent dokumentieren, ob die Kriterien erfüllt wurden.

3. Diversität und Inklusion:

New Work fördert Diversität und Inklusion als wichtige Erfolgsfaktoren. Unternehmen sollten aktiv in der Personalgewinnung daran arbeiten, Teams mit verschiedenen Hintergründen, Geschlechtern und Perspektiven zusammenzustellen, um Innovation und Kreativität zu fördern.

Um ein Bewusstsein für die Bedeutung von Diversität zu schaffen und Vorurteile abzubauen, können Organisationen gezielte Schulungen und Trainings für ihre Personalverantwortlichen anbieten. Solche Trainings sensibilisieren für unbewusste Vorurteile und unterstützen dabei, eine diskriminierungsfreie Personalgewinnung zu gewährleisten.

4. Mehr Fokus auf persönliche Werte:

Traditionell konzentriert sich die Personalgewinnung stark auf die fachlichen Qualifikationen. New Work legt mehr Wert auf die Übereinstimmung der persönlichen Werte mit der Unternehmenskultur. Ein gemeinsames Wertefundament fördert die Identifikation der Mitarbeiter*innen mit dem Unternehmen.

Beispielsweise könnten die agilen Werte Offenheit, Mut, Respekt, Fokus und Commitment eine Basis sein. Wichtig ist, ein gemeinsames Verständnis in der Organisation für diese Werte zu schaffen. Wenn dieses Verständnis ausformuliert ist, kann es als Grundlage in Auswahlverfahren verwendet werden und mit der gleichen Technik wie Kompetenzen abgefragt werden.

5. Flexibilität und Remote Work:

Die moderne Arbeitswelt zeichnet sich durch Flexibilität aus. Daher sollten Unternehmen offen für Remote Work-Optionen sein und die Fähigkeit der Kandidaten*innen, in virtuellen Teams zu arbeiten, berücksichtigen. In Branchen mit rund um die Uhr Betrieb, wie dem Krankenhaus oder der Altenpflege, kann die Einführung von flexiblen Arbeitszeitmodellen helfen. Hierbei könnten Mitarbeitende ihre Arbeitszeiten innerhalb eines bestimmten Rahmens selbst gestalten. Verwaltungsaufgaben, die nicht zwingend vor Ort erledigt werden müssen könnten außerdem remote erledigt werden, sodass die Mitarbeitenden hier mehr Flexibilität haben. Diese Arbeitsbedinungen in der Stellenausschreibung zu nennen, ist ein Wettbewerbsvorteil in der Personalgewinnung. Denn sicher ist, dass hochqaulifizierte Kandidat*innen Flexibilitä erwarten.

6. Stärkere Einbindung der Mitarbeitenden:

Auch im Auswahlprozess können die Mitarbeitenden in die Personalgewinnung einbezogen werden. Durch Peer-Interviews und die Möglichkeit, das Team kennenzulernen, wird die Integration neuer Kolleg*innen erleichtert und die Mitarbeiterbindung gestärkt. Wichtig ist hierbei, dass das Team ebenfalls in professionellen Beobachtungsmethoden geschult ist und alle sich über die Kriterien klar sind, die die Grundlage für die Auswahlentscheidung sind.

Wovon darf es weniger sein?

Wovon darf es zukünftig in der Personalgewinnung ein bisschen weniger sein?

 1. Oberflächliche Anpassungen statt echter Veränderung:

Ein häufiger Fehler besteht darin, New Work als reines Buzzword zu verwenden, ohne tatsächlich grundlegende Veränderungen in der Arbeitskultur und -struktur vorzunehmen. Es werden vielleicht einige flexible Arbeitszeiten oder Remote-Optionen eingeführt, aber die Hierarchien und Entscheidungsstrukturen bleiben unverändert. Für die Personalgewinnung bedeutet das z. B., dass Gespräche nicht auf Augenhöhe stattfinden. Die Unternehmensvertreter*innen treten zwar im Gespräch freundlich auf, aber der ganze restliche Prozess ist nach wie vor so, dass es z.B. keine Rückmeldung gibt oder keine spezifische Rückmeldung, sodass Bewerber*innen sich als Bittsteller vorkommen. Hat sich eine Organisation ernsthaft New Work verpflichtet, fängt die Offenheit und Wertschätzung schon ganz am Anfang der Candidate Journey an.

2. Fokus auf Technologie statt auf Menschen:

Manchmal wird New Work mit dem Einsatz moderner Technologien gleichgesetzt, ohne die Bedürfnisse und Wünsche der Mitarbeitenden angemessen zu berücksichtigen. Der Mensch sollte jedoch immer im Mittelpunkt stehen, und Technologie sollte lediglich als Werkzeug dienen, um die Arbeit zu unterstützen. Für die Personalgewinnung heißt das, dass es durchaus Sinn macht, ein Bewerbermanagementsystem zu nutzen oder auch, dass Kennenlerngespräche per Video stattfinden. Jedoch sollte davon abgesehen werden, dass z.B. KI alleine darüber entscheidet, wer geeignet ist und wer nicht oder dass automatisierte allgemeine Absagemails versendet werden.

3. Vernachlässigung von Diversität und Inklusion:

Obwohl Diversität und Inklusion als wichtige Elemente von New Work betrachtet werden, setzen einige Organisationen diese Prinzipien in der Personalauswahl nicht konsequent um. Es wird teilweise weiterhin eine einseitige oder stereotype Auswahl von Bewerber*innen durchgeführt, ohne echte Bemühungen zur Förderung von Vielfalt und Inklusion. Sätze wie: „Es bewerben sich nie Frauen oder [setze hier beliebiges ein]!” dürfen nicht mehr gelten! Wenn die Bewerber*innen nicht divers sind, dürfen Organisationen sich fragen: Ist Ihr Unternehmen für diese Zielgruppe ein attraktiver Arbeitgeber? Ist der zu vergebene Job attraktiv für diese Zielgruppe? Haben wir die Stellenanzeige und die Kommunikationskanäle so gewählt, dass sich diese Zielgruppe auch angesprochen fühlt? Diversity und Unconscious Bias Trainings können dabei helfen, Antworten auf diese Fragen zu geben und dadurch die eigene Personalgewinnung zu verbessern.

4. Fehlende Transparenz und Kommunikation:

Wenn Unternehmen New Work lediglich als Marketinginstrument nutzen, aber nicht klar kommunizieren, was sie damit meinen und wie sie es umsetzen wollen, kann dies zu Verwirrung und Fehlinterpretationen führen. Ein gutes Beispiel im Rahmen der Personalgewinnung für diesen Punkt, ist das Thema Gehalt. Es sollte offen in den Stellenanzeigen kommuniziert werden. Auch intern sollte es transparente Kriterien geben, wer wieso wie viel verdient. Es sollte Verfahren mit einem Prozess geben, die eine offizielle Möglichkeit geben, das eigene Gehalt in Frage zu stellen, eine Begründung anzufragen, warum jemand anderes mehr verdient oder die Möglichkeit gegeben werden, zu begründen, warum man selbst eine Gehaltserhöhung für angemessen hält. Es darf kein geheimes Gespräch hinter verschlossenen Türen mit einem Vorgesetzen sein, der dann die alleinige Entscheidungsmacht hat. Ggf. macht ein Gremium Sinn, welches für solche Fragen einbezogen werden muss.

Was darf in der Personalgewinnung bleiben?

Bewährtes darf in der Personalgewinnung trotzdem beibehalten werden. Das sind für mich im Wesentlichen zwei Punkte.

1. Fachliche Kompetenz bleibt wichtig:

Auch wenn Kompetenzen und Soft Skills im Vordergrund stehen, sollten fachliche Qualifikationen nicht vernachlässigt werden. Die Balance zwischen fachlicher Expertise und persönlichen Fähigkeiten ist entscheidend. Natürlich kann nur ein Arzt, eine Arzt-Stelle ausfüllen etc. Jedoch wenn es z.B. um Erfahrung geht, darf gerne nochmal reflektiert werden. Möchte ich einen Mitarbeitenden, der 10 Jahre Erfahrung hat, aber auch 10 Jahre das gleiche gemacht hat und möchte ich jemanden, der seinen eigenen Job ggf. auch kontinuierlich verbessert hat und dadurch für die Firma bessere Ergebnisse erzielt hat. Das bedeutet aber auch, dass seine Erfahrungen eben vielfältig sein können und auch Themen beinhalten, die auf den ersten Blick für die ausgeschrieben Stelle erstmal weniger relevant erscheinen. Hier können klare Kriterien helfen, welche Kompetenzen jemand neben der fachlichen Qualifikation mitbringen soll.

2. Strukturierte Interviews:

Strukturierte Interviews mit vordefinierten Fragen bleiben ein bewährtes Instrument, um Bewerber*innen gezielt zu evaluieren. Ich weiß, dass viele, die sich als moderne Arbeitgeber präsentieren wollen, sich davor scheuen, diese Methode anzuwenden. Lieber möchte man bei einem Kaffee zusammensitzen, sich als offen präsentieren und sich austauschen. Ich möchte an dieser Stelle nochmal betonen, nur weil ein strukturiertes Interview verwendet wird, heißt das nicht gleich steife Atmosphäre. Strukturierte Interviews führen aber dazu, sich vorher Gedanken zu machen, was suchen wir denn eigentlich? Strukturierte Interviews führen auch dazu, dass wir am Ende eines jeden Gespräches vergleichbare Ergebnisse haben, weil alle Kandidat*innen mit den gleichen Fragen befragt wurden und dieselben Kriterien zugrunde lagen.

Fazit

Es ist also noch viel zu tun. Personalgewinnung darf sich im Rahmen von New Work gerne noch weiter entwickeln und trotzdem eignungsdiagnostische Standards beibehalten. Meiner Meinung nach ist die aktuelle New Work Begegnung eine tolle Gelegenheit, die Mitarbeiter*innengewinnung und -bindung aus der verstaubten Ecke zu holen und etwas daraus zu machen, woran alle Freude haben und was allen einen Mehrwert bietet. Im Sinne eines Netzwerkes darf der Kontakt zwischen Arbeitgeber und Bewerber*in auch gerne unabhängig vom Ergebnis des Verfahrens bestehen bleiben. Denn die Anforderungen in der neuen Arbeitswelt ändern sich so schnell, dass wir dann vielleicht doch auf frühere Kandidat*innen zurück kommen möchten.

Ich entwickle übrigens passgenaue New Work Konzepte zur Mitarbeiter*innengewinnung und -bindung. Gemeinsam bringen wir gute Eignungsdiagnostik und New Work Ansätze unter einen Hut. Falls dich das interessiert, vereinbare gerne einen unverbindlichen Kennenlerntermin mit mir.

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Die Inhalte dieses Blogartikels stimmen nicht notwendigerweise mit der Meinung und Haltung meines Arbeitgebers überein. Es handelt sich hier um meine private Meinung.

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