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Wie Organisationen für die VUCA-Welt erfolgreich Mitarbeitende gewinnen können

VUCA

Überall ist es zu lesen! Wir leben in einer VUCA-Welt und Unternehmen müssen agil sein.

Das Akronym VUCA steht für volatil, unplanbar, komplex, ambigue [1]. VUCA hat eine große Bedeutung für Unternehmen, da es die Unternehmensführung zunehmend herausfordernd macht. Diese Entwicklung ist eng verknüpft mit der digitalen Transformation. Denn durch die höhere und schnelle Verfügugbarkeit von Information durch digitale Medien, beschleunigt sich die Arbeitswelt enorm. Einzelne Menschen können gar nicht mehr alle verfügbaren Informationen erfassen und bewerten. Sie müssen akzeptieren, dass sie nicht mehr der/die uneingeschränkte Expert*innen sind und daher bei schwierigen Fragestellungen mit anderen kooperieren.

Agil bedeutet der Mensch steht im Mittelpunkt, funktionierende Produkte, hohe Kundenorientierung und schnelles Reagieren auf Veränderungen. Mithilfe von Agilität werden Produkte iterativ entwickelt und zeitnah Feedback eingeholt. Anstelle eines Planes, der akribisch ausgearbeitet und umgesetzt wird, wird in kleinen Schritten vorgegangen, um auf Veränderungen reagieren zu können. Das können Veränderungen der Kundenwünsche sein oder des Umfeldes. Trotz schneller Iteration liegt dem Prozess eine hohe Strukturierung zugrunde, um gute Ergebnisse sicher zu stellen.

Was bedeutet das für die Personalauswahl?

Was für Menschen müssen wir versuchen für unser Unternehmen zu gewinnen, um einer VUCA-Welt zukunftssicher aufgestellt zu sein? Harald Schirmer [2] von der Continental AG hat geschrieben, es braucht Gestalter, die Fragen stellen.

„Vor einer relevanten Antwort, steht eine gute Frage!

 In VUCA geht es im ersten Schritt nicht um Antworten, sondern darum, die richtigen Fragen zu stellen, neue Fragen, alte Fragen neu und auch Fragen anders und ANDEREN zu stellen.“

Richtige Fragen im Vorstellungsgespräch

Was bedeutet das hinsichtlich der Fragen, die in einem Vorstellungsgespräch gestellt werden? Es kann nicht mehr vornehmlich um Fachwissen und Erfahrung gehen. Wie auch Prof. Kanning [3] schon eingehend erläuterte: Nur weil jemand etwas schon viele Jahre gemacht hat, heißt das nicht, dass er es gut gemacht hat. Immer wieder wird hinsichtlich Agilität darüber diskutiert: ist das eine Methode oder eine Haltung? Was wäre die Methodik ohne die Haltung? Alle scheinen sich einig zu sein, dass die Haltung, das Mindset, die Einstellung wichtiger ist. Dies sollte aus meiner Sicht auch auf die Personalauswahl übertragen werden.

Eignungsdiagnostische Herangehensweise

Ich plädiere weiterhin für eine methodische Vorgehensweise und valide Fragetechnik in Auswahlgesprächen. Diese habe ich sie auch auf diesem Blog schon beschrieben habe. Aber wie wäre es mit der Definition von Verhaltensankern mit der wir eine bestimmte Haltung verknüpfen, die wir von zukünftigen Mitarbeitenden unseres Unternehmens erwarten? Folgende Ideen hätte ich dazu:

Beispiele für erfolgreiches Verhalten

  • Ist in Netzwerken aktiv und nutzt diese, um seine Themen voranzutreiben.
  • Befindet sich auf einer kontinuierlichen Lernreise und investiert daher selbstgesteuert Zeit ins Lernen.
  • Ist bereit, Neues auszuprobieren, auch wenn er/sie Gefahr läuft, zu scheitern.
  • Denkt ganzheitlich und siloübergreifend, versucht dabei so viele Potenziale zu heben wie möglich.
  • Lebt Werte wie Transparenz, Vertrauen, Selbstverpflichtung, Fokus, Mut, Offenheit, Respekt.
  • Lebt Teamarbeit und Zusammenarbeit

Dies sind sehr komplexe Verhaltensanker, die sicherlich nicht einfach abzufragen sind. Da muss im Vorfeld schon etwas Zeit investiert werden. Woran machen wir fest, dass jemand so handelt? Da jedoch die Arbeitswelt sowie die daraus entstehenden Anforderungen komplex sind, machen Vereinfachungen hier keinen Sinn.

Operationalisierung in beobachtbares Verhalten

Einige Ideen, wie erfolgreiches Verhaltenin der VUCA Welt bei zukünftigen Mitarbeitenden wünschenswerterweise aussieht, wären:

  • Hat bei der Lösung einer Fragestellung, sein/ihr Netzwerk um Unterstützung gebeten und die daraus gewonnen Erkenntnisse in seine/ihre Arbeit einfließen lassen. Das kann in Offline-Netzwerken oder in Online-Netzwerken wie LinkedIn passieren.
  • Lernt selbstgesteuert, unabhängig von offiziellen Weiterbildungen, die durch das Unternehmen angeboten werden, indem für sich neue Lernmöglichkeiten entdeckt werden. Das kann u.a. das Lesen von Büchern, die Teilnahme an Mastermind-Gruppen, das Besuchen von Veranstaltungen. Dies erfolgt ohne Vorgabe, sondern selbstgesteuert.
  • Fragt interne und externe Kund*innen nach ihrer Meinung und ihren Wünschen und leitet daraus Anforderungen ab bevor eine neue Dienstleistung oder ein neuer Service entwickelt oder angeboten wird. Hält den Kontakt und holt sich regelmäßig Feedback ein.

4 Prämissen der Personalauswahl in einer VUCA-Welt

Deiner Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Die obigen Punkte sollen nur Beispiele sein und verdeutlichen worum es mir geht. Vor diesem Hintergrund haben folgende Prämissen im Vorstellungsgespräch definitiv ausgedient. Gleich darunter schreibe ich, welche Prämissen aus meiner Sicht heutzutage vor dem oben beschriebenen relevanter wären.

1. Vorgefertigter Plan vs neugieriges Erforschen

  • Alt: Der/Die Kandidat*in bewirbt sich bewusst auf diese Stelle in deinem Unternehmen und hat schon ein ganz genaues Bild. Dieses liefert er/sie auf den Punkt ab, wenn du ihn fragst, warum er/sie sich gerade in ihrem Unternehmen beworben hat.
    • Neu: Wir suchen Kandidat*innen, die sich Gedanken gemacht haben, was sie wollen und was ihnen wichtig ist. Sie gehen unvoreingenommen in das Vorstellungsgespräch  und sind neugierig darauf, das Unternehmen kennen zu lernen. Sie stellen Fragen zu den Punkten, die ihnen wichtig sind und entscheiden erst im Anschluss, ob sie sich weiterhin vorstellen können, in diesem Unternehmen zu arbeiten. Denn daran erkennen wir Offenheit, Neugier, die Fähigkeit Fragen zu stellen und die Bereitschaft Verantwortung für den eigenen Werdegang zu übernehmen indem sie die Entscheidung nicht dem Unternehmen alleine überlassen.

2. Routinierte*r Sachbearbeiter*in vs kontinuierliche Weiterentwicklung

  • Alt: Der/Die Kandidat*in will genau das Gleiche machen, was er/sie die letzten Jahre schon getan hat und will dies auch zukünftig ohne Veränderung tun. Um erneute Recruitingkosten zu sparen und Fluktuation zu vermeiden, suchst du genau nach diesen Menschen.
    • Neu: Damit wir als Unternehmen schnell auf Veränderungen in der VUCA-Welt reagieren können und nah an unseren Kundenanforderungen sind, suchen wir jemanden, der/die sich weiter entwickeln will und kontinuierlich lernt. Das bedeutet, dass wir entweder diese Entwicklungsmöglichkeiten bieten müssen und/oder wir akzeptieren, Mitarbeitende auch wieder zu verlieren. Wir erkennen darin unseren Vorteil, selbst neuen Input von außen zu erhalten. Damit das Wissen nicht verloren geht, haben wir ein nachhaltiges Wissensmanagement aufgebaut und halten unsere Mitarbeitenden an, ihre Arbeit transparent zu machen, z.B. in einem Wiki. Wir sehen es nicht als Loyalitätsbruch, wenn unsere Mitarbeitenden sich auch außerhalb des Unternehmens weiterentwickeln, sondern pflegen weiterhin einen guten Kontakt im Sinne der Vernetzung.

3. Befragung vs Gespräch auf Augenhöhe

  • Alt: Der/Die Kandidat*in erzählt bereitwillig von seinen/ihren Schwächen und/oder seinem/ihrem letzten Scheitern. Du als Unternehmen sowie als im Gespräch teilnehmende Personen hingegen, offenbarst dich nicht mit deinen Schwächen und Scheitern.
    • Neu: Was wir von unseren Bewerber*innen erwarten, zu offenbaren, müssen wir auch selbst bereit sein zu zeigen. Wir nehmen das Wort Vorstellungsgespräch im wörtlichen Sinne: alle stellen sich vor und es findet ein Gespräch auf Augenhöhe statt anstelle einer Befragung. Da Selbstreflexion und Mut zu Fehlern wichtige Kompetenzen sind, werden diese auf Augenhöhe und wertschätzend thematisiert, ohne dass jemand befürchten muss, sich zu offenbaren und sein Gesicht zu verlieren.

4. Kontrolle vs Chancen sehen und nutzen

  • Alt: Durch das Erfragen der Wechselmotivation erfährt das Unternehmen tatsächlich etwas über die Motivation und kann daraus ableiten, ob der/die Kandidat*in die „richtige“ Motivation für den Wechsel in dein Unternehmen hat. Des Weiteren kann beurteilt werden, ob ein*e Kandidat*in einen roten Faden verfolgt und strategisch jeden Karriereschritt plant. Dann wird er/sie dies auch entsprechend im beruflichen Kontext einsetzen können.
    • Neu: In einer VUCA-Welt brauchen wir Mitarbeitende, die sich ihnen bietende Chancen nutzen, die intrinsisch motiviert ihren Interessen folgen und erkennen, dass sich nicht alles im Leben kontrollieren lässt. Mitarbeitende, die Chancen nutzen und Kontrolle loslassen können, achten nicht darauf, ob ihr nächster beruflicher Schritt von außen betrachtet, auf einem Blatt Papier, für jeden logisch ist. Den eigenen Neigungen und Interessen zu folgen, bedeutet, Bestleistungen erbringen zu können, weil es einfach Spaß macht. Auch wenn das bedeutet, dass von dem standardisierten Karrierewegen abgewichen wird. Nur weil es zu dem einen Zeitpunkt die richtige Entscheidung war, den Arbeitgeber oder den Job zu wechseln, heißt es nicht, dass es zu einem nächsten Zeitpunkt wieder richtig ist. Denn diese Entscheidungen sind komplex.

Welche Fragen sollten wir denn nun im Vorstellungsgespräch stellen?

Wieder zurück zum Fragen, was der Ausgangspunkt dieses Artikels war. Spannende Fragen für mich an potenzielle Interessent*innen an meinem Unternehmen wären z.B. vor diesem Hintergrund:

  • Erzähle mir wie du zuletzt bei der Lösung eines komplexen Problems vorgegangen bist?
  • Wann warst du zuletzt mutig und hast etwas Neues gewagt? Was ist dabei herausgekommen?
  • Was bedeutet Lernen für dich und welche konkrete Rolle spielt es für dich? Bitte erzähle mir davon anhand von einer konkreten Situation.

Wichtig ist hierbei immer, sich Einblicke in konkrete Beispiele geben zu lassen und im Gegenzug auch bereits zu sein, echte Einblicke in das eigene Unternehmen zu gewähren. Dies kann auch durch einen angebotenen Probetag geschehen oder durch Veranstaltungen wie agile Safaris und vieles mehr.

Eine neue Haltung

In Vorstellungsgesprächen darf es aus meiner Sicht nicht mehr nur darum gehen, ob der/die Kandidat*in auf diese eine Stelle passt, sondern viel mehr sollte eine offene Haltung zugrunde liegen, wen brauchen wir grundsätzlich für unser Unternehmen und wo können wir zusammenkommen. Die Haltung, die mit Agilität verbunden ist, sollte auch die Haltung sein mit der Recruiter*innen in Vorstellungsgespräche gehen. Das bedeutet Offenheit, Transparenz, echtes Interesse am Gesprächspartner*innen, Fokus auf die benötigten Kompetenzen und Wertschätzung für das wofür eine Person steht.

Fazit

Es ist eine große Herausforderung in Zeiten des Fachkräftemangel und in einer komplexen, sich schnell wandelnden Welt, die richtigen Mitarbeitenden für die eigene Organisation zu finden. Die hier beschriebenen Fragen und Impulse für den Personalauswahlprozess sind nur der Anfang. Im Rahmen von regelmäßigen Gesprächen mit den Mitarbeitenden oder Team-Retrospektiven dürfen diese Fragen und ähnliche weiterhin gestellt werden. Denn die meisten Organisationen beschäftigen schon viele Menschen, die genau diese Fähigkeiten mitbringen. Welchen Rahmen können wir schaffen, dass sie diese Kompetenzen auch einsetzen können?

Wie wollen Sie die VUCA-Welt gestalten? Call for Ideas. Machen Sie mit und versehen Sie Ihren Beitrag mit #VUCArockers.

[1] Eine ausführliche VUCA Definition.

[2] Hier geht es um vollständigen Artikel von Harald Schirmer.

[3] Hier geht es zu dem Video von Prof. Kanning.

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