Warum Agilität im Recruiting?
Laut dem Praxispapier der DGFP [1] ist Agilität die notwendige Voraussetzung in Unternehmen, um im volatilen Umfeld Bestand zu haben. Durch Agilität ist Beweglichkeit und schnelle Reaktion auf Veränderung (Anpassungsfähigkeit) möglich (vgl. S. 6).
Ich denke dabei immer an den Amazonkunden. Warum kaufen wir bei Amazon ein? Aus meiner Sicht, weil die Ware superschnell geliefert wird und weil die Abläufe unkompliziert und sehr kundenorientiert sind. Nun wollen wir diese Amazonkunden für uns als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen. Diese sind diesen hohen Standard gewohnt bzw. kaufen extra bei Amazon ein, weil es bequem ist. Hier sollten wir daher aus meiner Sicht eine Analogie für das Recruiting ableiten: Schnelle Reaktionszeiten im Bewerbungsprozess, unkomplizierte Prozesse sowie Orientierung an den Bedürfnissen der Bewerberinnen und Bewerber.
Der Einfluss digitaler Medien
Jeder von uns verwendet privat verschiedene Social Media Kanäle: Facebook, Twitter, Instagram und mehr. Wir sind es schon gewohnt, dort Inhalte aus unserem Leben zu teilen, verfolgen die Aktivitäten unserer Freunde, abonnieren Seiten, die sich mit für uns interessanten Themen beschäftigen und treten sogar mit dem Kundenservice per Live Chat in Kontakt. Hier geht es um Schnelligkeit, aber auch um Inhalte und soziale Beziehungen. Wer hat meinen Beitrag schon geliked? Welches neue Rezept könnte ich am Wochenende ausprobieren?
Die Selbstverständlichkeit mit der Unternehmen diese Kanäle nutzen, um ihre Produkte bekannt zu machen, sollte meines Erachtens auch in das Personalmarketing Einzug halten. Schnelle und unkomplizierte Kommunikation für Bewerberinnen und Bewerber mit interessanten Arbeitgebern, spannende Inhalte, die Einblick in den Arbeitsalltag der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben, Aufbau einer persönlichen Beziehung zwischen Unternehmen und potenziellen Kandidaten. Das sind Aktivitäten, die weit über eine geplante Imagekampagne hinaus gehen.
Was zeichnet Agilität aus und wie kann das für das Recruiting genutzt werden?
Im Praxisbericht der DGFP wird von Lernen aus Erfahrung und dadurch Besinnung auf Stärken der Organisation in der Retroperspektive gesprochen. Darüber hinaus sind Networking und kontinuierlicher Austausch, um Veränderungen zu antizipieren und proaktive Erarbeitung von Lösungen wichtige Bestandteile (vgl. Seite 17)
Für mich bedeutet das im Recruiting zu analysieren was die Stärken meiner Organisation sind. Diese muss ich meiner Zielgruppe klar kommunizieren und zwar auf den Kanälen, wo ich sie erreiche, siehe oben Social Media. Doch es bedeutet auch, die eigenen Recruitingprozesse regelmäßig zu reflektieren und zu verbessern. Um auch zukünftig geeignete Kandidaten zu gewinnen, müssen wir proaktiv schon Lösungen erarbeiten, zum einen durch das (unternehmensübergreifende) Netzwerken mit Kollegen, aber auch indem wir uns ein Netzwerk aus Kandidaten aufbauen auf die wir bei Bedarf schnell zugreifen können. Ich gehe sogar so weit, dass ich es für sinnvoll halte, mit anderen Unternehmen zu kooperieren. Beispiele dafür könnten sein, sich gegenseitig gute Kandidaten empfehlen, die im eigenen Unternehmen nicht genau gepasst haben, aber trotzdem gut sind oder das Vorantreiben von gemeinsamen Themen, wie z. B. Werbung für den Standort (Wenn man nicht in Berlin, Hamburg, Düsseldorf oder München sitzt, soll man es ja manchmal schwer haben).
Kernkompetenzen im agilen Recruiting
Als Kernkompetenz im agilen Zeitalter wird die „experimentelle Zukunftsorientierung“ (Seite 20) im Praxisbericht genannt. „Dies erfordert eine Kultur des Zulassens, des konstruktiven Umgangs mit Kritik und Fehlern sowie kreative und innovative Mitarbeiter. Um das Out-of-the-box-Denken zu fördern, sind Freiräume für die Erarbeitung von Ideen auch während der Arbeitszeit nötig.“ (Seite 20)
Im Recruiting bedeutet das für mich: Neue Wege gehen! Gerade wir Personaler, die Hüter über rechtliche und tarifliche Rahmenbedingungen, sind sehr darauf bedacht, keine Fehler zu machen. Im Recruiting braucht es jedoch neben allen rechtlichen Bedingungen auch Kreativität und Flexibilität, um Fachkräfte individuell anzusprechen. Nicht zu vergessen, wir sollen ja auch Mitarbeiter mit agilem Mindset rekrutieren. Wie können wir diese begeistern, wenn wir es, als erster Unternehmenskontakt zu den Fachkräften, nicht selber ein Stück weit leben?
Recruitingstrategien anpassen
Im Praxisbericht wird im Wesentlichen davon gesprochen wo, wie und wen wollen wir ansprechen. (vgl.Seite 41f) Wo finde ich meine Fachkräfte, wenn sie nicht von sich aus auf meiner Jobbörse landen? Welche Bedürfnisse haben Sie? Und wen kann ich noch ansprechen, wenn meine Zielgruppe vermeintlich rar vorhanden ist?
Übertragen auf das Recruiting heißt das: Die Auswahl gezielter Kanäle statt Gießkannenprinzip, persönliche und individuelle Ansprache und mal über den Tellerrand denken, was meine Zielgruppe angeht. Da muss ich immer an den Verkehrsbetrieb denken, der Frauen in Serviceberufen, wie Verkäuferin und Kellnerin angesprochen hat, um sie als Busfahrerinnen umzuschulen.
In weiteren Blogbeiträgen plane ich einige meiner Ideen für mehr Agilität im Rekruting zu veröffentlichen. Besuchen Sie auch gerne meinen Vortrag auf der CeBIT in dem ich über meine persönlichen Erkenntnisse zum Thema Agilität im Rekruting berichten werde.
Wann und Wo: 12.06.2018 um 16:15 Uhr in der Halle 17 am Stand B10 des Personalernetzwerkes HR RoundTable
[1] DGFP-PRAXISPAPIERE, Best Practices 01/2016: AGILE UNTERNEHMEN –
AGILES PERSONAL-MANAGEMENT
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